Donnerstag, 26. Oktober 2006

Warum man die Götter achten muß - die Sache mit dem Siegerkranz...

Normann Stadler wußte nicht, was er tat nachdem er am 21. Oktober am frühen Nachmittag zum dritten Mal den Kranz, den man ihn von hinten über Schirmmütze und Sonnenbrille stülpen wollte ablehnte. Der Haku (Hacu, Hacoo), der spirituelle Siegerkranz von Hawaii, gefertigt aus Blättern und Blüten ist eine hohe Ehrung.

Nicht nur, daß der Norminator die angestaute Energie des Rennens und der Zeit vor dem Saisonhöhepunkt mit all den kleinen psychologischen Scharmützeln und Nebenkriegsschauplätzen mit einem deutlich seh- und hörbaren "F*** Y**" auf der Ziellinie beendete. Stadler am nächsten Morgen beim Frühstück von mir darauf angesprochen wollte es zunächst gar nicht glauben, was ihm da so entwichen sein soll. Er hat es dann aber doch noch geglaubt... Nein, es sollte nicht nur bei dieser Eruption Stadlerscher Power bleiben, die die Spannung der letzten Wochen schlagartig entlud: Den heranstürmenden McCormack, Peter Reid's Interview und den Renndruck allgemein.

Wie gewohnt ertrug er geduldig den von den Damen gereichten Kranz eine Weile im Zielkanal auf dem Kopf, legte ihn aber dann vor den Interviews beiseite. Als zum dritten Mal der Kranz durch einen Fan oder Helfer während des NBC-Interviews den Weg von hinten zurück auf den Kopf gefunden hatte und Brille und Mütze verschob, wurde es dem Heißsporn zuviel. Ungeduldig nahm er den Kranz während des Interviews in die rechte Hand und warf ihn ohne hinzusehen zur Seite auf den Boden. "Ich wollte einfach das Ding loswerden, weil es mich gepiekst hat. Nach 8 Stunden denkt man darüber wirklich nicht sofort nach, was man da auf dem Kopf hat" erklärt Stadler wenige später.

Für den mit der Hawaiianischen Kultur wenig betrauten Europäer mag dies ein simpler Siegerkranz gewesen sein - schön anzusehen aber das war es dann auch schon. Nicht so für die Hawaiianer. Die Empörung, ob des Sakrilegs und dem herannahenden Unglück mußte begegnet werden.

Erst eine offizielle Reinigung mit hohen Vertretern des Hawaiianischen Kulturkreises schlichtete die erhitzten Gemüter und brachte gutes Karma auf den Mannheimer und Doppelweltmeister im Ironman Triathlon. "Jetzt können wir sicher sein, daß die Abreise von der Insel ohne zusätzliche Gefahren möglich ist" verdeutlicht Ben Fertic, Präsident der World Triathlon Corporation die Situation aus Sicht der Einheimischen.

Stadler selbst leistete auf der Awards Party erneut öffentliche Abbitte und verwies auf seine Unkenntnis der Details Hawaiianischer Kultur, dem pieksenden Charakter des Kopfschmucks und erklärte, daß man sich als Sportler mehr mit dem Kulturkreis und dem Land auseinandersetzen möge, in das man einen Triathlon bestreiten wolle. Wer den Mannheimer kennt, wird zwar feststellen können, daß er in den letzten drei Jahren sehr gereift ist, er ist aber noch immer auf (zu) hoher Drehzahl eingestellt. Das macht ihn kantig und vielleicht auch unberechenbar aber auch irgendwie aus. Er ist und bleibt ein eruptives Pulverfaß, der "angry Guy" auf dem Bike und tut dem Triathlon damit so richtig gut...