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Freitag, 5. Juli 2019

Challenge Roth: TV, Livestream und Prognose. Schnelle Zeiten durch Cameron Wurf und Lucy Charles-Barclay?

Am kommenden Sonntag, den 7. Juli 2019 startet ab 6:30 Uhr im fränkischen Roth der Challenge in eine Neuauflage. Vorhergesagte rund 22°C im Tagesverlauf, wenig Wind und kein Regen deuten auf gute bis sehr gute Bedingungen für 3.400 gemeldete Athleten als Einzelstarter, 650 Staffeln, Helfer und Zuschauer. Das Veranstalterteam um Alice Walchshöfer, Kathrin Walchshöfer und Felix Walchshöfer hat sowohl für das Rennen der Damen und der Herren interessante und vergleichsweise offene Startfelder zusammengestellt, die eine Prognose der Podiumsplatzierungen nicht ganz einfach machen.
Der Challenge Roth verspricht in der Auflage 2019 enge Entscheidungen im Feld der Profis bei serhr guten äußeren Bedingungen, die schnelle Zeiten begünstigen können. Photo: Screenshot Challenge-roth.com 

Prognose

Während Daniela Ryf als derzeit beste Athletin über die Langdistanz beim IRONMAN in Klagenfurt startet und Chrissie Wellington als Inhaberin der „Weltbestzeit“ aus dem Jahr 2011 (8:18:13 Stunden) bereits als Profi vom aktiven Triathlonsport zurückgetreten ist, kann die derzeitige Nummer 2, Lucy Charles-Barclay auf ein interessantes Arsenal an Fähigkeiten zurückgreifen. Im Schwimmen, der zeitlich kürzesten Disziplin, kann die Britin Zeiten realisieren, die viele männliche Profis ziemlich glücklich machen würden. Auf dem Rad kann die ehemalige Leistungsschwimmerin sicherlich stärkere Akzente als Landsfrau Wellington setzen, zur Schweizerin Ryf fehlt derzeit ebenfalls nicht mehr viel, um die internationale Einordung abzuschließen. Im Marathon macht die Schwimm-Rad Rakete in den letzten zwei Jahren zügig Boden gut und muss sich nur noch vor wenigen Mitbewerberinnen fürchten. Daher ist Lucy Charles-Barclay klar auf Platz 1 des Podiums gesetzt und wird, wenn es keine Pleiten, Pech und Pannen gibt mit einem Vorsprung von über 5 Minuten gewinnen:

1. Lucy Charles-Barclay
2. Sarah Crowley
3. Daniela Bleymehl, Vorjahressiegerin, die beim IRONMAN in Frankfurt wegen Magenproblemen nach 5 Kilometern auf der Laufstrecke ausgestiegen (DNF) ist

Jan Frodeno, frisch gebackener Europameister im IRONMAN bei der Hitzeschlacht von Frankfurt am Main am vergangenen Wochenende dürfte sich in der Regenerationswoche nach dem Klassiker den anderen Klassiker genau anschauen wollen. Schließlich hält er mit 7:35:39 Stunden aus dem Jahr 2016 die jemals in Roth erzielte Zeit. 2019 wurde die Laufstrecke leicht verändert, die Gesamtlänge hingegen soll sich nicht verändert haben. Ob die Änderungen einen positiven oder negativen Aspekt auf die Gesamtzeiten haben sollten, kann man derzeit noch nicht abschließend sagen. 

Sagen kann man jedoch, dass Cameron Wurf, ehemaliger Profiradsportler und Inhaber der Radrekords beim IRONMAN Hawaii und Streckenrekords beim IRONMAN Australien mit einer klaren Ansage nach Franken gekommen ist: neuer Streckenrekord in Roth, nicht mehr und nicht weniger vollmundig lauteten die Statements in der Woche vor dem Rennen.

Wer könnte ihm dabei in die Suppe spucken? Einige, etwa Andi Böcherer, Bart Aernouts (2. IRONMAN Hawaii), David McNamee (3. IRONMAN Hawaii), Braden Currie, Andreas Dreitz, Andy Potts oder Matthew Russell etwa. Eine Festlegung auf die Top 3 fällt schwer:

1. Cameron Wurf
2. David McNamee
3. Bart Aernouts

Ergebnisse 36. DATEV Challenge Roth, 07.07.2019

Lucy Charles sichert sich nach Schwimmen ohne Neoprenanzug einen ungefährdeten Start-Ziel Sieg bei dem zweiten Start beim Challenge Roth. Neben gewohnt überragendem Schwimmen und sehr starken Radfahren überzeugte die Britin durch einen sehr soliden Marathon, der auch im Blick auf den IRONMAN Hawaii die Rolle als größte Herausforderin für Daniela Ryf unterstreicht.

"Ich bin nach meiner Niederlage um nur 9 Sekunden im letzten Jahr mit 'Feuer' im Magen gestartet. Ich habe heute auf der Strecke viel gelitten und habe viel harte Arbeit geleistet. Ich habe im Marathon viel gelitten." - Lucy Charles-Barclay
Sarah Crowley belegt die mentale Stärke auf der zweiten Hälfte des Marathons nach gutem Einzelzeitfahren, während sich die kurzfristig nachgemeldete Titelverteidigerin Daniela Bleymehl mit deutlichen Mühen im letzten Viertel des Marathons erfolgreich gegen Langstrecken-Rookie Agnieszka Jerzyk wehren kann.

Für eine fausdicke Überraschung sorgte nicht der Sieger Andreas Dreitz, der die Basis für seinen Sieg bei nicht perfekten Bedingungen mit Regen am Morgen und aufkommendem Wind aus Nord, Nord-West in unter 8 Stunden einmal mehr auf dem Rad legte und sich zusammen mit Andi Böcherer durch das Feld wühlte. Während Böcherer bereits früh im Marathon das Tempo nicht mehr mitgehen kann und mit deutlichen Problemen die restlichen 38 Kilometer in Angriff nimmt, zieht Dreitz sein Laufprogramm zu Platz 1 und damit seinen größten sportlichen Triumph stoisch durch.

"Ich bin noch immer sprachlos. Das ist das beste Ergebnis meiner Karriere" - Andreas Dreitz
Ausrufezeichen setzt auch Jesper Svensson. Nach schnellem Schwimmen und starkem Radfahren kämpft er im Marathon lange um den Kontakt an die Spitze und wird mit Platz 2 belohnt.

Enttäuschend auf der einen und zugleich erfreulich auf der anderen Seite verläuft der Challenge für Cameron Wurf. Etwas langsamer als geplant aus dem Wasser kommend, kann der Australier nicht wie geplant den Rekord auf dem Rad und der Gesamtzeit angreifen. Er muss sich erstmalig auf der Laufstrecke nach vorne orientieren. Die Verbesserung im Marathon auf 2:50 Stunden, bestätigt die Zeit beim IRONMAN Australien, der er in Rekordzeit gewann und eröffnet dem ehemaligen Radprofi in naher Zukunft weitere Strategieoptionen, wenn er das Puzzle aus exzellentem Radfahren und befriedigendem Laufen zusammensetzen kann.

Pech hingegen hat David McNamee, der sich trotz Panne beim Radfahren mit bestem Marathon aller Profis knapp Bart Aernouts im Kampf um Platz 4 geschlagen geben muss, der ebenfalls gewohnt stark zu Fuß unterwegs ist aber für eine echte Chance auf Hawaii sein Handicap im Schwimmen reduzieren muss.

Männer
1. Andreas Dreitz (GER) 7:59:02
2. Jesper Svensson (SWE) 8:02.20
3. Cameron Wurf (AUS) 8:04:08
4. Bart Aernouts (BEL) 8:04:48
5. David McNamee (GBR) 8:05:50
6. Alessandro Degasperi (ITA) 8:08:24
7. Andy Potts (USA) 8:09:39
8. Jens Petersen-Bach (DEN) 8:13:01
9. Matthew Russell (USA) 8:18:11
10. Lukas Krämer (GER) 8:19:15

Frauen
1. Lucy Charles-Barcaly (GBR) 8:31:09
2. Sarah Crowley (AUS) 8:38:11
3. Daniela Bleymehl (GER) 8:43:17
4. Agnieszka Jerzyk (POL) 8:48:49
5. Carolin Lehrieder (GER) 8:55:13
6. Rachel Mcbride (CAN) 9:06:47
7. Els Visser (NED) 9:07:49
8. Anja Ippach (GER) 9:23:58
9. Lina-Kristin Schink (GER) 9:27:41
10. Tara Grosvenor (GBR) 9:29:01

Fernseh- und Radioübertragung

Der bayerische Rundfunk berichtet am Renntag rund 9 Stunden aus der Region mit den Co-Moderatoren Timo Bracht, Nils Frommhold, Nicole Leder und Lothar Leder. Der BR übernimmt das produzierte Signal und ist auch mit einem eigenem Internetstream am Start. Vorab werden die Zuschauer bereits eingestimmt:

Donnerstag, 4. Juli
Rundschau (BR Fernsehen, 18.30 Uhr): Vorbericht zum Triathlon mit Stimmen aus der Pressekonferenz der Top-Athleten

Freitag, 5. Juli
Abendschau (BR Fernsehen, 17.30 Uhr): Live-Berichterstattung von den Vorbereitungen zum Challenge Roth
Rundschau (BR Fernsehen, 18.30 Uhr): Live-Schalte zur "Nudelparty" in Roth im Sportblock
Bayern 1 (BR Hörfunk, 12.05 Uhr) Vorberichterstattung in "Mittags in Franken"
BAYERN 3 (BR Hörfunk): Die Story der Rother Triathlon-Familie Walchshöfer (BAYERN 3-Update, 12.00 bis 13.00 Uhr); Berichte von der "Nudelparty" der Athleten (ab 18.00 Uhr)

Samstag, 6. Juli
BAYERN 3 (BR Hörfunk): Stimmungsberichte von der Triathlon-Auftaktparty in Roth ab 16.00 Uhr, Interview mit der BAYERN 3-Staffel

Sonntag, 7. Juli
Blickpunkt Sport (BR Fernsehen): Live-Übertragung des Triathlon - Teil 1 (6.15 bis 11.00 Uhr) 
Blickpunkt Sport (BR Fernsehen): Live-Übertragung des Triathlon - Teil 2 (12.00 bis 15.30 Uhr)
BRsport.de: Der Triathlon Roth in voller Länge, Livestream von 6.15 Uhr bis 15.30 Uhr
Frankenschau (BR Fernsehen, 17.45 Uhr): Live-Schalten ins Zielstadion
Rundschau (BR Fernsehen, 18.30 Uhr): Nachbericht im Sportblock
B5 aktuell (BR Hörfunk): Berichte in den Nachrichten und regelmäßige Live-Einblendungen
BAYERN 3 (BR Hörfunk): Ganztags Berichte von den Highlights entlang der Strecke und aus dem Zielbereich

Montag, 8. Juli
Abendschau (BR Fernsehen, 17.30 Uhr): Nachberichte
Frankenschau aktuell (BR Fernsehen, 17.30 Uhr): Nachberichte

Livestream im Internet

Die Veranstalter der Challenge streamen eine englischsprachige Übertragung mit den ehemaligen Profis und Roth-Veteranen Belinda Granger und Dirk Bockel auf ihrer Website und auf Facebook.
Ergänzend werden die Inhalte später auch auf dem Youtubekanal der Challenge zur Verfügung stehen.

  1. Livestreaming Challenge Roth
  2. Livestreaming BR3
  3. Challenge Roth auf FaceBook
  4. Challenge Roth auf Youtube
  5. Athlete Tracker und vorläufige Ergebnisse

Sonntag, 14. Oktober 2018

Ein Weltmeistertitel in Teamarbeit, Patrick Lange sichert sich mit Hilfe von Andreas Dreitz erneut IRONMAN Hawaii

Kommentar: Patrick Lange (GER) konnte trotz überraschend schwacher Schwimmleistung von 50:37 Minuten bei klimatisch extrem schnellen Bedingungen während der 42. Auflage des IRONMAN Hawaii Triathlons im 40. Jahr des Bestehens einen neuen Rekord aufstellen, der wahrscheinlich für eine gefühlte Ewigkeit unangetastet bleiben dürfte.

Rekordjagden
Kaum spürbarer Wind von oft nur 6-18km/h, leichter Regen beim Radfahren und erst spät durch die Wolken durchbrechende Sonne beim Laufen sorgten für die passenden Rahmenbedingungen, um bei herausragenden 7:52:30 Stunden die große Uhr am Alii Drive in Kailua Kona stoppen zu lassen: historischer Streckenrekord. Diese Sub8 sollte neben den Rekorden in der Damenkonkurrenz durch Daniela Ryf (SUI) und Lucy Charles (GBR) nicht die einzige Sensation des Tages bleiben. Kontroversen blieben ebenfalls nicht aus... 
Beeindruckend präsentierte sich der ehemalige Radprofi Cameron Wurf (AUS), der nach Rekord auf der Radstrecke im Jahr 2017 diesen noch einmal um satte 3 Minuten verbesserte: 4:09:06 Stunden für 180km Zeitfahren sind exorbitant. Ein 9. Gesamtplatz untermauert Wurfs Aussagen, dass ein Rekord auf dem Zeitfahrrad nur taktisches Nebenprodukt und nicht hauptsächliches Ziel gewesen sei.

Einen weiteren Rekord stellte der ehemalige Profi Jan Sibbersen (GER) im Schwimmen auf, der mit dem alleinigen Ziel angetreten war, die Bestzeit von Lars Jorgensen (SWE, 46:41, 1998) zu brechen. Nach ausgiebiger Feier in der T1 musste der um 11 Sekunden unterbotene Rekord im Anschluss noch durch ein Finish im Zeitlimit validiert werden. Die Uhren stoppten für den Routinier und Manager von Lange bei 10:37:33 Stunden (46:30 - 5:12:52 - 4:26:26).

Die Verlierer des Tages
Zu den großen Verlierern des Tages müssen der vielfache Weltmeister auf diversen Distanzen Javier Gomez Noya (ESP), der ehemalige Vize-Weltmeister Lionel Sanders (CAN), Triathlon-Ikone Jan Frodeno (GER) und Mehrfach-Weltmeister Sebastian Kienle (GER) gezählt werden.

Für die beiden erstgenannten Idole steht Denkarbeit auf dem Programm der nächsten Wochen. Gomez muss sich entscheiden, ob er sich mehr Zeit für den Wechsel auf die Langstrecke gönnt. Die gezeigte Form war für den IRONMAN Hawaii an einem Tag mit sehr wenig Wind für ein Plätzchen auf dem Podium nicht ausreichend. Gomez muss sich selbst die Frage beantworten, ob er mehr Arbeit und Lebenszeit in das Radfahren in Aeroposition investieren möchte. Dagegen steht die wohl letztmalige Chance noch einmal die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen anzugreifen, um die bestehende Silbermedaille von 2012 aufzuwerten.

Der gestürzte Vize-Weltmeister Sanders wird sich nach seinen ernährungstechnischen Eskapaden und zweifachen massiven Änderungen der Rahmengrößen und Sitzpositionen mit signifikantem Gewichts- und Dauerleistungsverlust auf dem Rad beim Blick auf die wohl einmalig für besonders schwere Athleten gestrickten Wetterbedingungen hoffentlich auf seine Stärken zurückbesinnen und Hilfestellung qualifizierter Personen zulassen. So könnte Sanders den eingeschlagenen Weg zu individueller Spitzenleistung abkürzen und wiederkehrende Fehler im Tapering und Training vermeiden.

Jan Frodeno, schnellster Mensch auf der Langstrecke, Olympiasieger, zweifacher IRONMAN Hawaii Champion und aktueller IRONMAN 70.3 Weltmeister dominierte die Saison 2018 beliebig, bevor er sich mit einem Ermüdungsbruch wenige Wochen vor dem IRONMAN Hawaii als absoluter Top-Favorit von der Startliste verabschiedete: DNS. „Frodo“ wird mit Blick auf die verbleibende, von ihm selbst festzulegenden 1-3 Jahren „Restlaufzeit“ als Profi auf absolutem Top-Niveau den herausragenden äußeren Bedingungen des Jahres 2018 nachdenklich hinterher schauen. 2018 war eine verpasste Chance einmal mehr Geschichte im Triathlon zu schreiben und sich endgültig unsterblich zu machen.

Sebastian Kienle verlor nach für ihn gutem Schwimmen und passender Gesellschaft (Wurf, Lange) die Fortune in den Lavafeldern. Technischer Defekt (unmotivierte Schaltvorgänge, fehlerhafte Ausrichtung des Hinterrads im Hinterbau), Ersatz-Hinterrad und Verlust der guten Position paarten sich mit einer erneut aufbrechenden Verletzung an der linken Achillessehne zur sehr viel Frustration und Sorgen über die sportliche Zukunft: DNF aus gesundheitlichen Gründen. Aus diesem tiefen Tal muss sich der ehemalige Weltmeister im IRONMAN Hawaii und im IRONMAN 70.3 in naher und mittlerer Zukunft erst einmal selbst mit der ihm typischen Akribie und Sorgfalt hocharbeiten und befreien.

Taktische Finessen und Abgebrühtheit
Im Rennen der Top-Profis um den Titel überraschte Lange mit einer taktischen Variante, die augenscheinlich aus der Not geboren war. Langes Teamkollege Andreas Dreitz setzte sich nach Langes „Debakel“ im Schwimmen mit Blick auf die eigene Platzierung augenscheinlich uneigennützig direkt vor den Titelverteidiger, um ihn in die erste große Verfolgergruppe mit den anderen Top-Favoriten und Laufgranaten zu katapulieren und im weiteren Verlauf vor Angriffen zu schützen.

Ob dieser Titel, auf die Gesamt-Wettkampfzeit betrachtet, nicht zu 50% Dreitz gehört, muss zur Diskussion gestellt werden. „Ohne Andi (Dreitz) wäre der Sieg nicht möglich gewesen“ sollte sich Lange später mehrfach bei seinem 2018 wohl wichtigsten Mitbewerber und Helfer bedanken. Hätte Lange ohne Dreitz gewonnen? Möglicherweise. Vielleicht hätten aber auch die guten, bzw. sehr guten Läufer Bart Aernouts (BEL), David McNamee (AUS), Timothy O'Donnell (USA) oder Braden Currie (NZL) den Marathon verhaltener und strategischer gestaltet und wären Lange allesamt unwiederbringlich enteilt. Eine Retrospektive hilft allenfalls bei der Einordnung des Rennverlaufs.

Rechtlich- formale und sporthistorisch-moralische Diskussionsebenen
Entspricht dieser Titelgewinn mit „Teamunterstützung“ dem Charakter des IRONMAN Hawaii? Der ursprünglichen Definition sicherlich nicht und auch nicht der Mentalität vieler Profis aus Deutschland oder der anderen Nationen mit starken Radfahrern. Sportarten entwickeln sich weiter. Das Zustandekommen des Titelgewinns bei den Herren ähnelt der Triathlon-Variante auf den kurzen Distanzen deutlich mehr, als das Zustandekommen des Podiums bei der Frauenkonkurrenz.

Zur Relativierung, Einordnung und der Vollständigkeit halber muss aber auch erwähnt werden, dass dem Duo Lange-Dreitz mit der legalen Teamarbeit auf dem Rad keine neue Erfindung gelungen ist. Im Wasser ist Wasserschatten eine taktische Selbstverständlichkeit, dito der Windschatten im Marathon. Illegale und legale Zweckgemeinschaften, Domestiquen und Wasserträger gab es auf der Langstrecke im Radfahren etwa im Umfeld von Chris McCormack (Kieran Doe) oder von weiblichen Profis mit aus der sozialen Peergroup stammenden männlichen Pacern der Altersklassen schon immer.

Festzuhalten bleibt, dass sich Lange und Dreitz spätestens nach einer einmaligen mündlichen Intervention eines Kampfrichters über ca. 8-9 Sekunden in der frühen Phase auf dem Rad voll im legalen Rahmen bewegt haben (IronmanNow Teil I ab Zeitmarke -2:25:43 bis -2:24:50 Restlaufzeit, -2:24:00 bis -2:22:45, -2:13:50 bis -2:11:30, (...), -0:15:45 bis -0:13:35, -0:08:30 bis -0:07:40, etc.). Die Regeln sind bezüglich einer Hilfestellung im Rahmen des erlaubten Abstands auf der Radstrecke klar und eindeutig:

Section 2.02 OUTSIDE ASSISTANCE
(a) An athlete may not subordinate his/her race ambitions solely for the benefit of another athletes race ambitions. The penalty for this will be disqualification of both athletes; (DSQ of both athletes)
Section 2.02 ASSISTANCE
(a) Assistance provided by Race Referees or Race Officials (including official Event volunteers) is allowed but such assistance is limited to: providing drinks, nutrition, mechanical and medical assistance, and other necessary assistance (as may be approved by the Event Director or Head Referee).
(b) Athletes competing in the same Race may assist each other with incidental items such as, but not restricted to: nutrition and drinks after an aid station, pumps, tires, inner tubes, and puncture repair kits;
(c) Athletes may not provide any item of equipment to an athlete competing in the same Race if it results in the donor athlete being unable to continue with his/her own Race. Such equipment includes but is not restricted to: shoes, complete bicycle, frame, wheels, and helmet. The penalty for this will be disqualification of both athletes; and
(d) Unless otherwise preapproved by the Event Director or Head Referee, no athlete shall intentionally cause the physical forward progress of another athlete on any part of the course during the Race. The penalty for this will be disqualification.
Rechtlich- formale und sporthistorisch-moralische Diskussionsebenen werden gerade in den sozialen Medien, Foren aber auch in Vlogs, Artikeln oder Kommentaren (Meinungen, Opinion pieces) von Kollegen vermischt und erschweren die Einordnung zusätzlich: Lange hat sich durch die Umstände der Titelverteidigung selbst für Kritik an der Art und Weise seines Triumphes exponiert.

Zurück zum Regelwerk und seiner Auslegung. Dreitz hat auf der Radstrecke sein Tempo angepasst und gedrosselt, darauf geachtet Lange nicht zu verlieren oder ihn energetisch oder muskulär zu überfordern. Nach dem Zusammenschluss mit der großen Verfolgergruppe hat Dreitz im Stil eines Domestiquen bei der Tour de France das Tempo für das virtuelle Maillot Jaune - auch durch die Passivität im Feld möglicher Lange-Konkurrenten - erfolgreich relativ gleichmäßig gestalten können, Spitzen ausgebügelt, indirekt oder direkt Ausreißversuche unterbunden. Den Rückstand von Lange auf die enteilten Ausreißer Wurf, Andrew Starykowicz (USA) und Josh Amberger (AUS) hielt Dreitz quasi im Alleingang in Grenzen - ohne dabei seinen Teamkollegen nach hinten aus der Gruppe zu verlieren.
Hat Dreitz, der bei seinem Debüt mit Rang 13 nur knapp an den eigenen Zielsetzungen einer Platzierung in den Top 10 vorbeigeschrammt ist, seine „Wettkampfambitionen nur zum Nutzen eines anderen Athleten Wettkampfambitionen“ zurückgestellt (vgl. Section 2.02a, Outside Assistance)? Eher nicht, daher durfte und konnte der Paragraph nicht für eine Disqualifikation herangezogen werden. Grundsätzlich erscheint mir der positive Nachweis eines Verstoßes gegen diesen Paragraphen sehr schwer in der Praxis umsetzbar. In dubio pro reo.

Durch das Verhalten des Duos Lange-Dreitz in Kombination mit der kurzen Intervention des Kampfrichters, der  zuvor in der FAZ geäußerten Kritik von Frodeno und Kienle an einer Überdehnung des Regelwerks in der Vergangenheit ergibt sich in Teilen der Szene ein Imageproblem für den bekennenden Fan der hawaiianischen Mythologie Lange. Abgeschwächt strahlt dieses Image auch auf Dreitz, das Team und Langes Hauptsponsor und Radausrüster ab.

Über Stil und taktische Variabilität kann man diskutieren, die offensichtliche Regelkonformität inkl. aller Tatsachenentscheidungen am Renntag durch die Kampfrichter sind meines Erachtens kein Diskussionsgegenstand mehr und sollten bei allen Kontroversen und aller Emotionalität als Fakt gewürdigt werden.

Eröffnet der IRONMAN Hawaii 2018 erneut die Diskussion über die Länge der Windschattenbox?
Diskutieren kann man hingegen darüber, ob 12 Meter Abstand beim Radfahren bei den Profis ausreichend sind oder ob die World Triathlon Corporation (WTC) für die eigenen Rennen dem Vorbild der Challenge-Serie folgen sollte. Dort verhindern satte 20 Meter Windschatten-Verbotszone auf dem Rad eine Vorteilsnahme bei der Einhaltung der Regeln. Bei diesem Abstand sind anders als bei 12 Metern im IRONMAN fast keine Energieersparnisse in Form der aufzubringenden Wattzahlen messbar und folglich auch nicht nutzbar.

Vielleicht eröffnet die volle Ausnutzung des Regelwerks beim IRONMAN Hawaii 2018 der Herren die Diskussion über eine sinnvolle Länge der Windschattenbox erneut. Traditionalisten, die starken Radfahrer und auch die Radindustrie werden ihre Argumente gerne in die Waagschale werfen. Die schnellen und leichten Läufer dürften von einer größeren Drafting-Verbotszone nicht profitieren, sofern sie sich nicht deutlich beim aufzubringendem relativen Kraftaufwand auf dem Rad in der optimal möglichen Zone von mehr als 4 Watt pro Kilogramm Körpergewicht bewegen. Bei einer anstehenden Regeländerung hätte sich der durch sein Verhalten als Impulsgeber agierende Weltmeister für den Preis eines zweiten Titels selbst dauerhaft benachteiligt. Welch' Ironie des Schicksals.

Prognose
Tūtū Pele (Madame Pele) schenkte dem IRONMAN Hawaii zur 40. Auflage besonders schnelle Bedingungen und taktische Optionen. Ob die hawaiianische Göttin von Vulkan und Feuer das Ergebnis der WM der Männer belohnt? Das muss die Zukunft weisen. Karma is a bitch...


Hawaiian Ironman World Championships
Kailua-Kona, Hawaii, USA
13. Oktober 2018
Schwimmen 3,86k - Radfahren 180k - Laufen 41,195k

1. Patrick Lange (GER) 7:52:30 (50:37 - 4:16:05 - 2:41:32)
2. Bart Aernouts (BEL) 7:56:41 (54:07 - 4:12:26 - 2:45:42)
3. David McNamee (GBR) 8:01:09 (49:31 - 4:21:19 - 2:46:03)
4. Timothy O'Donnell (USA) 8:03:17 (47:45 - 4:18:46 - 2:52:34)
5. Braden Currie (NZL) 8:04:41 (49:28 - 4:17:18 - 2:53:39)
6. Matt Russell (USA) 8:04:45
7. Joe Skipper (GBR) 8:05:54
8. Andy Potts (USA) 8:09:34
9. Cameron Wurf (AUS) 8:10:32
10. Michael Weiss (AUT) 8:11:04

Links der Artikel rund um den IRONMAN Hawaii 2018:

Freitag, 12. Oktober 2018

Wer gewinnt den IRONMAN Hawaii Triathlon 2018? Können Daniela Ryf und Patrick Lange die Titel verteidigen?

Der traditionelle Höhepunkt der internationalen Triathlonsaison findet im Oktober beim IRONMAN Hawaii Triathlon in der Bucht von Kona im kleinen Städtischen Kailua-Kona statt. Können die Schweizer und Deutschen erneut die oberste Stufe des Podiums besteigen und Daniela Ryf erneut oder gar Patrick Lange erstmalig erfolgreich die Titel verteidigen? Wie haben sich die Top 10 der vergangenen WM bis zum Tag geschlagen? Ist mit den Newcomern zu rechnen? Welchen Einfluss haben die Umstände, wie Wetter (Wind, Sonne, Temperatur, Niederschlag) und das verletzungsbedingte Ausscheiden von Jan Frodeno auf Renntaktik und Rennverlauf?
Wetter und lokales Mikroklima haben immer einen großen Einfluss auf den IRONMAN Hawaii Triathlon, weil etwa leichtgewichtige Top-Läufer mit Hitze und wenig Wind auf der Radstrecke besser zurechtkommen, als große und schwere Powerbiker. Screenshot: Weather.com

Fakt ist, dass durch den Ermüdungsbruch von Jan Frodeno im Becken einigen Podiumsanwärtern ein Stein vom Herzen gefallen ist, wenngleich der DNS (Did not start) des absoluten Top-Favoriten zugleich eine Bürde ist, weil ein Makel über dem Titel der Herren schwebt. Hier bleibt festzuhalten, dass nur die Athleten geschlagen werden können, die es gesund an die Startlinie schaffen und damit ist die wesentliche Aussage bezüglich einer Würdigkeit des späteren Siegers getroffen. Der IRONMAN Hawaii hatte schon immer Umfälle, Verletzungen und Krankheiten der Top-Stars gesehen. Spannend war es immer.

Die Auflage 2018 wird auf jeden Fall nicht einen Jan Frodeno gemeinsam mit Josh Amberger dem Feld enteilen sehen. Vielmehr dürfte mit Andrew Starykowicz ein Swim-Biker im ersten Drittel der Radstrecke auf Amberger auffahren und das Duo dürfte das Heil in der Flucht auf der Jagd nach einem Platz in den Top 10 suchen – ohne Gomez, Lange. Zwischenzeitlich könnte sich neben einer großen 30-köpfigen Führungsgruppe der D-Zug, bestehend aus den Überbikern Cameron Wurf, Lionel Sanders und Sebastian Kienle bilden und mit etwas Glück bereits auf dem Weg nach Hawi und spätestens auf dem höllisch schnellen und von Seitenwinden geprägten Weg zurück nach Kaiwaihae vom Feld lösen, um sich den nötigen Vorsprung vor den Top-Läufern zu erarbeiten. Ob es reicht bestimmen nicht nur Taktik, Renndynamik und Tagesform.

Die größte Variable bleibt weiterhin das Wetter und dieses wird einen maßgeblichen Einfluss auf die Renndauer, insb. die Radzeit und die Laufzeit nehmen. Aus diesem Grunde sind auch 4 Szenarien in die Prognose eingeflossen, um dies abzubilden. Schließlich gab es auch vergleichsweise regnerisch-kühle Auflagen, wie 2006, als Normann Stadler seinen zweiten Titel sichern konnte. Bei den Herren zählen sicherlich Lionel Sanders, Sebastian Kienle, Javier Gomez und Patrick Lange zu den Männern mit den schlechtesten Wettquoten auf Podium.

Bei den Frauen könnte eine entfesselt schwimmende Lucy Charles die Herren im virtuellen Duell um die schnellste Schwimmzeit düpieren, wenn diese eher taktisch die erste Disziplin angehen sollten. Charles kann in meinen Augen auch als erste Frau nach dem Radfahren den Marathon in Angriff nehmen und Ryf fordern, wie es eigentlich nur Chrissie Wellington konnte. Es bleibt hoffentlich bis zum Energy Lab richtig spannend. Die Plätze dahinter richten sich nach Wetter und Tagesform, wobei hier vielleicht auch die ein oder andere der Kona-Debütantinnen, wie etwa Anne Haug, Sarah True oder Helle Frederiksen trotz verletzungsbedingtem Laufdefizit starke Akzente setzen könnten. 

Anbei die Prognose, gemäß der Wahrscheinlichkeit, dass das Wetter entsprechend eintrifft. Sanders wird bei kühl-regnerischem Wetter möglicherweise Probleme mit der Energiezufuhr in Form von Kohlenhydraten bekommen, weil er ausschließlich auf Flüssigkeit setzt, die er bei mäßigen Temperaturen und Hitze nicht am geplanten Limit nutzen kann. Die Folge sind wahlweise ein Kohlenhydratdefizit oder klassisches "Overdrinking".


Kühl (und regnerisch) mit wenig Wind
  1. Javier Gomez
  2. Sebastian Kienle
  3. Lionel Sanders
  4. Cameron Wurf
  5. Patrick Lange
  6. Braden Currie
  7. Patrick Nilsson
  8. David McNamee
  9. Andy Potts
  10. Andreas Dreitz
  1. Daniela Ryf
  2. Lucy Charles
  3. Sarah True
  4. Mirinda Carfrae
  5. Helle Frederiksen
  6. Anne Haug
  7. Liz Blatchford
  8. Sarah Crowley
  9. Emma Pallant
  10. Heather Jackson
Hitze mit wenig Wind
  1. Sanders
  2. Lange
  3. Gomez
  4. Kienle
  5. Currie
  6. McNamee
  7. Nilsson
  8. Wurf
  9. Potts
  10. James Cunnama
  1. Ryf
  2. Charles
  3. Kaisa Sali
  4. Carfrae
  5. Frederiksen
  6. Haug
  7. True
  8. Pallant
  9. Crowley
  10. Cheetham
Hitze mit ordentlichem oder extremem Wind
  1. Sanders
  2. Kienle
  3. Currie
  4. Wurf
  5. McNamee
  6. Nilsson
  7. Lange
  8. Gomez
  9. Cunnama
  10. Hanson
  1. Ryf
  2. Charles
  3. Frederiksen
  4. Haug
  5. Jackson
  6. Carfrae
  7. Blatchford
  8. True
  9. Crowley
  10. Pallant
Kühl (und regnerisch) mit ordentlichem oder extremem Wind
  1. Kienle
  2. Sanders
  3. Gomez
  4. Wurf,
  5. Dreitz
  6. McNamee
  7. Currie
  8. Lange
  9. Nilsson
  10. Cunnama
  1. Ryf
  2. Charles
  3. Frederiksen
  4. True
  5. Haug
  6. Jackson
  7. Blatchford
  8. Crowley
  9. Pallant
  10. Cheetham
Links der Artikel rund um den IRONMAN Hawaii 2018: