Samstag, 22. September 2012

Abacusspielereien: Worum geht es beim Konflikt zwischen dem Bayerischen Triathlon Verband und der Deutschen Triathlon Union eigentlich?

Die Landespräsidenten der Deutschen Triathlon Union (DTU) haben vor einer knappen Woche den Bayerischen Triathlon Verband (BTV) aus dem Dachverband ausgeschlossen. Die Hintergründe des Streits sollen kurz beleuchtet werden, die mittlerweile inkl. verschiedener Nebenkriegsschauplätzen zu Anwaltskosten in Höhe von rund 30.000,- bis 40.000,- Euro geführt haben sollen. Dem gegenüber stehen geschätzte "Zahlungsrückstände" des BTV an die DTU in Höhe von aktuell rund 50.000,- Euro. Wirtschaftlich vernünftig scheint dieser Konflikt also schon länger nicht mehr zu sein.
Wie man die Auseinandersetzung zwischen den 15 Landesverbänden der Deutschen Triathlon Union und dem Bayerischen Triathlon Verband auch betrachtet, rechnerisch zahlen die Zeche der Athlet und die Veranstalter mit seinen Abgaben. Photo: Wikipedia Commons, HB
Die Fakten:
  1. Der BTV war mit dem leider zu früh verstorbenen Wolfgang Pirl in der Abgabenkommission vertreten. Diese Kommission ist mit der Aufgabe zusammengetreten, die bestehende heterogene Abgaben- und Gebührenordnung und dazugehörige Politik zu konsolidieren. Insbesondere Großveranstaltungen erfüllten aus wirtschaftlich nachvollziehbaren Gründen nicht die pauschal abzuführenden 10%-Abgaben und handelten Sondervereinbarungen aus. Mal mit dem zuständigen Landesverband, mal mit der DTU direkt, insbesondere bei Meisterschaften. Hinzu kommt, dass Teile der strittigen Zahlungen auf einem 10 Jahre alten Regelwerk basieren und in der Vergangenheit offensichtlich nicht so deutlich eingefordert wurden, wie in der aktuellen Phase.
  2. Erst seit einem Personalwechsel in der DTU (vgl. 6) sind die demokratisch erzielten und später verabschiedeten Änderungen in den Ordnungen für den BTV nicht mehr tolerabel.
  3. Es gibt 2 Berechnungsgrundlagen der Mitgliedszahlen:

    a. auf Basis der Startpässe (sogenannte A-Zahlen)
    b. auf Basis der Zahlen, die ein Landesverband (LV) an den Landessportbund (LSB) meldet (sogenannte B-Zahlen). Die finanzielle Förderung von Trainern, Jugendlichen, etc. durch Mittel des LSB und weitere öffentliche Träger ist z.B. an die gemeldeten Sportler und Altersstruktur gebunden. In diesen Zahlen sind auch alle Familienmitgliedschaften, Nicht-Starter und Wellness-Triathleten ohne Startpass erfasst.

    In allen Landesverbänden weichen die Zahlen 3a und 3b mehr oder minder signifikant voneinander ab, weil dem LSB mehr Triathleten gemeldet werden, als Startpassbesitzer im jeweiligen Landesverband vorhanden sind. In Bayern liegt das Verhältnis von 3a:3b bei ca. 5.500:11.000 (1:2).

    Die Differenz aus 3a:3b gleichen eigentlich alle Landesverbände aus, indem sie die 3,- Euro Abgaben an die DTU schon seit Jahren nach oben angepasst haben. Von 5,- bis 17,- Euro ist eine weite Bandbreite zu finden. Tendenziell schrauben kleine Verbände mit einem hohen Anteil an Mitgliedern ohne Startpass diesen Anteil nach oben, um kostendeckend arbeiten zu können.

    Das verlangen die einzelnen Landesverbände an DTU-Abgaben für Erwachsene:

    • Baden-Württembergischer Triathlonverband 6,- EUR
    • Bayerischer Triathlon-Verband 3,- EUR
    • Berliner Triathlon Union 10,- EUR
    • Brandenburgischer Triathlon-Bund 5,- EUR
    • Bremer Triathlon Verband 6,- EUR
    • Hamburger Triathlon Verband 5,50 EUR
    • Hessischer Triathlon Verband 5,- EUR
    • Triathlon Verband Mecklenburg-Vorpommern 17,- EUR
    • Triathlon Verband Niedersachsen 13,- EUR
    • Nordrhein-Westfälischer Triathlonverband 7,- EUR
    • Rheinland-Pfälzischer Triathlon Verband 3,- EUR
    • Saarländische Triathlon Union 5,- EUR
    • Sächsicher Triathlon -Verband 11,- EUR
    • Triathlonverband Sachsen-Anhalt 6,- EUR
    • Schleswig-Holsteinische Triathlon-Union 8,- EUR
    • Thüringer Triathlon-Verband 10,- EUR

  4. Der BTV macht dies nicht und reicht (theoretisch) die Gebühren 1:1 durch. Nach dem Führungswechsel in der DTU und der Verabschiedung der Gebührenordnung hat er das Problem, dass er die Differenz aus 3a:3b (3,- EUR x ca. 5.500 Mitglieder) aus dem eigenen Budget drauflegen muss, um die Vorgaben des Dachverbands zu erfüllen. Oder er muss mehr Gelder einnehmen.

    Eine Übernahme der Mehrkosten hat Hessen z. B. unter dem damaligen Präsidenten Rolf Kather praktiziert, um zu hohe finanzielle Rücklagen auf Festgeldkonten abzuschmelzen, die sonst "die Gemeinnützigkeit gefährdet hätten". Dabei hätten sich Vorstand und Geschäftsführer beinahe vergaloppiert, weil sie etwaige Risikoposten bei den Einnahmen aus öffentlicher Hand nicht durch Rückstellungen im Haushaltsplan unterfüttert hatten. In der Folge ergaben sich eine Reihe von unpopulären Sparmaßnahmen bis hin zum abrupten Wechsel des Landestrainers und Landeskaderstützpunktes von Griesheim nach Darmstadt.

  5. Der BTV möchte für zurückliegende und aktuelle Jahre (ca. 15.000-18.000,- Eur / Jahr) nur die DTU-Startpasszahlen als Berechnungsgrundlage nehmen. Dies geht an jeder der z.T. seit rund 10 Jahren bestehenden Satzung/Ordnung vorbei. Der BTV möchte aber z.B. gleichzeitig das Stimmrecht in der DTU auf Basis der höheren LSB-Zahlen wahrnehmen. Hier ist der Widerspruch auch für den Laien erkennbar.

  6. Der aktuelle Dissens ist letztlich wahrscheinlich auch ein Stellvertreterkrieg für ehemalige Präsidiumsmitglieder. Für diese war dem Vertreter des BTV jede Ausgabe genehm. Massiv wurden etwa Aufwandsentschädigungen für Claudia Wisser und Ralf Eckert gestützt. Auch jene Ausgaben, die ohne detaillierte Prüfung potentiell die Gemeinnützigkeit der DTU gefährdet hätten. Gestützt wurden auch teure Prozesse, die meist in für die DTU unangenehmen, weil kostspieligen Vergleichen mündeten. Exemplarisch sei an die Kündigung des damaligen Geschäftsführers Jörg Barion erinnert.