Donnerstag, 19. Juli 2012

Triathlon Word Series in Hamburg: Eine Stadt feiert die Triathlon-Olympioniken auf Sprint-Distanz

Nicht weniger als 14 Starter aus dem Nationalkader der Deutschen Triathlon Union werden sich beim Hamburger Triathlon-Wochenende den zahlreichen deutschen Triathlonfans präsentieren. Dabei nehmen auch die sechs Olympiastarter der DTU die Gelegenheit wahr, gut zwei Wochen vor den olympischen Wettkämpfen in London ihre aktuelle Form zu testen. Über eine Sprintdistanz wollen die deutschen Athleten ein gehöriges Wort um die vorderen Platzierungen mitreden.
Freut sich als eine der beständigsten Schwimmerinnen der DTU auf ein tolles Rennen und will unter die Top Ten: Svenja Bazlen. Bild: Petko Beier - DTU 
Nach seiner langen Verletzungspause steht dabei speziell die Leistungsstärke von Olympiasieger Jan Frodeno (Saarbrücken) im Blickpunkt. „Ich bin nach dem letzten Wettkampf in Kitzbühel auch im Lauftraining gut durchgekommen und habe keine Probleme gehabt“, sieht sich der 30-Jährige auf einem guten Weg. „Es macht vor allem viel Spaß wieder mit dem Team zusammen trainieren zu können“, ergänzt er mit Blick auf die Olympiamannschaft, zu der auch Steffen Justus (Saarbrücken) und Maik Petzold (Bautzen) bei den Herren sowie Svenja Bazlen (Freiburg), Anja Dittmer (Neubrandenburg) und Anne Haug (München) zählen.

Diese ist beim „Heimrennen“ rund um den Hamburger Rathausplatz komplett am Start. Dass mit Sarah Fladung (Saarbrücken), Anja Knapp (Dettingen), Ricarda Lisk (Waiblingen) und Kathrin Müller (Freiburg) sowie Franz Loeschke, Christian Prochnow (beide Potsdam), Sebastian Rank (Rostock) und Jonathan Zipf (Saarbrücken) jeweils vier weitere Frauen und Männer der DTU in die Binnenalster springen werden, verdeutlich den hohen Stellenwert der beiden Hamburger Rennen. Entsprechend viel Arbeit kommt somit auch auf Sportdirektor Wolfgang Thiel zu.
Nach dem gelungenen Comeback beim ITU Triathlon WCS von Kitzbühel vor wenigen Wochen will Jan Frodeno in Hamburg weiter an seiner Form für Olympia arbeiten und eine gute Leistung abrufen. Bild: Petko Beier - DTU
„Wir treten hier quasi mit zwei Teams innerhalb der DTU an“, umschreibt er die besondere Konstellation, die durch die Olympischen Spiele in London Anfang August hervorgerufen wird. „Wir haben das Olympiateam am Start, für das Hamburg den Abschluss einer harten Trainingsphase bedeutet. Und wir haben die Kaderathleten am Start, die sich nun auf die WM-Serie konzentrieren können.“ Von beiden erwartet Thiel durchaus sehr gute Ergebnisse. „Die einen wollen demonstrieren, dass ihr Training in den letzten Wochen gefruchtet hat, und die anderen wollen sich von ihrer besten Seite zeigen und in der WM-Wertung punkten.“

Elfter und vermutlich letzter Start von Maik Petzold
Dies kann Svenja Bazlen nur bestätigen. „Ich freue mich auf das Rennen, weil es ein Sprint ist, und vor allem weil es Hamburg ist“, sagt die Wahlfreiburgerin. „Insofern möchte ich auch demonstrieren, dass ich topp trainiert habe und unter die besten Zehn kommen.“ Voller Vorfreude ist auch Maik Petzold, der zum mittlerweile elften Mal bei diesem Event mit dabei sein wird. „Mit einem lachenden und einem weinenden Auge werde ich den wohl letzten Start in der höchsten Triathlonliga auf deutschem Boden erleben. Für mich war und ist das Rennen in Hamburg einzigartig. Hier habe ich über ein Jahrzehnt miterlebt, wie unser Sport gewachsen ist und wir mit ihm.“ Eine Platzierung will er indes nicht vorgeben, hofft aber auf ein schnelles Rennen.

Etwas tiefer in die eigenen Erwartungen lässt sich dagegen Jonathan Zipf schauen, der zum „zweiten Team“ der DTU zählt. „Letztes Jahr ist mir in Hamburg ein neunter Platz gelungen, das will ich auf jeden Fall wiederholen. Auch die Tatsache, dass es sich um ein Sprintrennen handelt, kommt mir eigentlich sehr entgegen. Nach oben soll deshalb alles offen sein“, schmunzelt er, wird aber ob der bisher zäh verlaufenen Saison wieder ernster. „Ich möchte endlich zeigen, dass wieder mit mir zu rechnen ist.“

Das hat auch Ricarda Lisk im Blick, die zuletzt nicht ganz glücklich mit ihren internationalen Auftritten war. Das soll sich in Hamburg ändern, wo die zeitliche Nähe zu Olympia die Organisatoren dazu bewogen hat, zwei Sprintrennen absolvieren zu lassen, damit die Olympioniken ebenfalls starten können und für hochklassige Teilnehmerfelder gesorgt ist. Die Waiblingerin findet das allerdings „etwas schade“, wenngleich die Veranstalter ihre Begründung sicher gerne hören: „Da kann man die tolle Atmosphäre nur eine Stunde lang genießen.“

Genießen können diese auch die Triathlonfreunde, die nicht in Hamburg weilen. Am Samstag ist die ARD-Sportschau zwischen 18:15 und 19:45 Uhr live beim Herrenwettkampf (Start 18:26 Uhr) dabei, und am Sonntag zeigt das ZDF in der Sportreportage Ausschnitte des Damensprints (Start 16:06 Uhr).

Bayerischer Triathlon Verband vor Ausschlußverfahren durch Deutsche Triathlon Union

Dem Bayerische Triathlon Verband (BTV) droht ein Aussschlußverfahren durch die Mitglieder des Dachverbands der Deutschen Triathlon Union (DTU). Auf Basis eines beantragten Beschlusses der Landespräsidenten soll die DTU aufgefordert werden einen Außerordentlichen Verbandstag einzuberufen. Einziger Tagesordnungspunkt des demokratisch gewählten Gremiums: "Diskussion und Abstimmung über den Ausschluss des Bayerischen Triathlon Verbands aus der DTU wegen fortwährenden verbandsschädigenden Verhaltens".
Dem Bayerischen Triathlon Verband droht der Ausschluß durch einen Außerordentlichen Verbandstag der Deutschen Triathlon Union. Logo: BTV
Begründung erfährt der Antrag der Landesverbände durch die Paragraphen 4.3.3 a), 4.3.3 b) sowie 4.4.4 der Satzung der DTU in der Fassung vom 6. November 2010. "Trotz diverser schriftlicher Aufforderungen und Fristsetzungen seitens der DTU ist der BTV seinen Verpflichtungen zur satzungsgemäßen Zahlungen seiner Verbandsabgaben nicht nachgekommen" führt der Antrag weiter aus.

Aktuell ruhen die Rechte des BTV wegen Zahlungsverzug, die Startpässe der Athleten des BTV wurden z.T. direkt von der DTU verschickt, um den Konflikt nicht auf den Rücken der Einzelmitglieder auszutragen. Hintergrund des Konflikts ist noch immer ein Stellvertreterkrieg, den BTV-Präsident Peter Pfaff offenbar für die ehemalige DTU-Doppelspitze Claudia Wisser und Ralf Eckert aus dem Großraum München führt. Als Agrument für die Klage führt Pfaff die gestiegenen Abgaben, die nach den letzten Änderungen der Gebührenordnung auf Bayern zukommen ins Feld. Änderungen, die der BTV seinerzeit selbst maßgeblich mit vorangetrieben hatte.

Eine entsprechende Klage des BTV gegen die DTU wurde als "zulässig aber unbegründet" am 5. April 2012 abgewiesen. Der BTV hat mit der Begutachtung der Klageabweisung einen unabhängigen dritten Juristen beauftragt, der in der schriftlichen Urteilsbegründung "große Mängel" festgestellt habe. Davor soll die gemeinsam als Juristen tätige ehemalige DTU-Führung Wisser/Eckert die rechtliche Beratung des BTV durchgeführt haben.

Pikantes Detail für den anstehenden Außerordentlichen Verbandstag ist der Umstand, dass der BTV zwar 12.400, möglicherweise für das Stimmrecht relevante Mitglieder gemeldet hat, aber nur etwa die Hälfte trotz anderslautender Berechnungsschlüssel gegenüber der DTU begleichen möchte. Der seit Jahren schwelende Streit um Geld, Pöstchen und gekränkte Ehre geht also auch im olympischen Jahr ungehemmt weiter.

Mittwoch, 18. Juli 2012

Verdrängungsgeschichten: Quo vadis Triathlon?

Es ist bekannt, dass die Sportart Triathlon international auf dem Vormarsch ist. Statt von Boom oder Hype darf man inzwischen durchaus von Etablierung in der öffentlichen Wahrnehmung sprechen. Insbesondere die größeren Veranstaltungen wie Challenge oder Ironman, aber auch die bevorstehende Olympiade und die zunehmenden Berichterstattungen im TV insgesamt verleihen der Sportart Flügel und zusätzliches Momentum.
Triathlon wird für die Besserverdienenden in dieser Welt immer attraktiver. Photo: Lilrizz (Wikipedia), Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication
Angesichts dieser Tatsachen sind die Veranstalter nicht nur von Langdistanz-Konkurrenzen, die sich über ein gesamtes Wochenende erstrecken und somit fast schon Festival-Charakter aufweisen, gefordert. Man muss sich dem Zuwachs und Wachstum in einer konstruktiven Weise stellen und nicht primär monetären Interessen nachgeben.

Darf es sein, dass ein Profi nicht auf Hawaii startet, weil die notwendigen Mittel für den finanziell aufwendigen Qualifikationsmodus nicht zur Disposition stehen? Soll dieses System ernsthaft auf die Masse der Amateure und Age-Grouper losgelassen werden? Die Konsequenzen sind absehbar, unfair und damit unschön, und sogar politisch unkorrekt. Schließlich würden nicht länger die Besten, sondern die finanziell Besten gewinnen.

Sollte sich Triathlon wie einst Tennis zu einer Reichensportart entwickeln? Muss das Wachstum durch das Fluten der Kurse mit Teilnehmern überhitzt werden? Ist eine Orientierung an den Qualifikationsnormen von Olympia tatsächlich keine Überlegung wert?

Sicherlich ist Triathlon eine teure Sportart. Ziele, Ansprüche, Gruppenpression und Werbung sorgen für hohe Ausgaben, sowohl für Ausrüstungsgegenstände als auch für Startgelder.

Einer zunehmenden Kommerzialisierung darf man als Triathlet aber auch durchaus kritisch gegenüberstehen und nicht nur sportliche Werte wie Fairplay entgegensetzen. Schließlich ist Triathlon eine Lebensphilosophie, Grundeinstellung und ein großes Stück Freiheit. Triathleten sind lockere Typen, definieren sich durch Training total und Leistung pur. Training und Wettkämpfe befreien von den Sorgen des alltäglichen Wahnsinns und Entrümpeln die Gedanken an die Mühlen monetärer Monster.

Dennoch befindet sich Triathlon derzeit in einer kritischen Phase. Können Grundwerte transzendiert werden oder wird der schöne Sport mehr und mehr vom Kapitalismus assimiliert?

Gastbeitrag von Michael Lorenz