Donnerstag, 10. Oktober 2019

Die Sportschau entdeckt die Moral bei Berichterstattung aus den Randsportarten: Bahrain Endurance 13

Die Sportschau aus dem Hause der ARD hat einmal mehr kurz vor der WM der Triathleten auf Big Island, Hawaii die Moral für sich entdeckt und berichtet durchaus kritisch aus den Randsportarten. Konkret geht es um die Gründung des Bahrain Endurance Teams (Bahrain 13), das von Kronprinz Nasser bin Hamad Al Khalifa ins Leben gerufen wurde und dem er als eines von zwölf Mitgliedern selbst angehört. Thematisiert werden hauptsächlich die Menschenrechte und die Rechtslage im Königreich Bahrain und das von Vertretern von Menschenrechtsorganisationen vorgebrachte Argument des Whitewashings durch das Engagement im Sport. 
Wenzel Michalski (Human Rights Watch) erläutert im Beitrag der Sportschau seine Sichtweise auf PR-Strategien von Autokratien durch Sport. Screeshot: ARD Sportschau

Crème de la Crème des Triathlons
In der sehenswerten Reportage fokussieren sich die Autoren auf das derzeitige Teammitglied Jan Frodeno und das ehemalige Teammitglied Sebastian Kienle. Nicht zu Wort kommen das Teammanagement, die Initiatoren oder die anderen Mitglieder, die in Teilen aus der Crème de la Crème des Triathlons bestehen: Alistair Brownlee, Ashleigh Gentle, Ben Kanute, Daniela Ryf, David Plese, His Highness Shaikh Nasser bin Hamad Al Khalifa, Holly Lawrence, Javier Gomez, Lauren Parker, Terenzo Bozzone, Vicky Holland und Vincent Luis kommen nicht vor.

Ebenfalls nur am Rande erwähnt wird für Sekunden das aus der Tour de France bekannte ProTour-Profiradteam aus Bahrain ohne nur einen Vertreter vor die Kamera zu bekommen. Da haben es sich die Autoren Robert Kempe und Tom Klees dann doch etwas einfach gemacht.

„Globaler Dialog durch Sport“ ./. „der Sport ist unpolitisch“
Sportler wie Jan Frodeno, die sich der Diskussion stellen, können in diesem PR-Minenfeld eigentlich nur untergehen. Kein Job, um den man Frodeno an diesem Tag (in Frankfurt am Main) beneiden wird. Die Spannung zwischen den Themen „globaler Dialog durch Sport“ und der häufig verwendeten Eigendefinition des organisierten und unorganisierten Sports als „unpolitisch“ kann er nicht wirklich auflösen. Der Sport hat auch nach den Erfahrungen rund um die Weltkriege zum Schutz vor Missbrauch durch Dritte, wie etwa Staaten, und leider auch zum Selbstschutz vor organisatorischer Weiterentwicklung und progressiver Evolution diese Definition bis zum heutigen Tage mit allen Kräften verteidigt.

Michael Michalski (Human Rights Watch) lässt auch die Wirtschaft in diesem Kontext nicht so leicht vom Haken.

Nicht angesprochen wird in dem TV-Bericht...:
Grundsätzlich sollte man mit allen Teilen der Gesellschaft im Dialog sein. Ausnahme sind Gegengesellschaften, die die Zerstörung z. B. unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung offen oder verdeckt vorantreiben. Vor diesen Kräften muss man sich konsequent schützen. Die UN besteht etwa zu mindestens 20% aus Schurkenstaaten und weiteren mindestens 15% durch und durch korrupten Staaten. Ähnlich und weitaus schlimmer verhält es sich in vielen Institutionen des organisierten Sports. An dieser Stelle sei nur auf die Skandale rund um die FIFA oder WM-Vergaben verwiesen.

Eine zugegeben provokante und durchaus unfaire Frage an Sebastian Kienle könnte lauten: „Hast du oder wirst du das aus diesem Vertrag erhaltene Geld spenden, um z. B. die Menschenrechtssituation vor Ort zu verbessern?“

Natürlich wird durch diese Maximalforderung der durch Sebastian Kienle vorzeitig initiierte Vertragsausstieg auch noch moralisch durch Infragestellung der Kommunikation oder Intention der Kommunikation in die Diskussion gezogen.

Andere Teammitglieder können sich der Diskussion entziehen oder werden einfach nicht gefragt, weil öffentliche, (hyper-) moralische Diskussionen eine typisch deutsche Eigenheit sind, während andere Nationen pragmatischer Denken und Handeln. Ich kenne die öffentliche Positionierung neben der im Video gezeigten zwei Deutschen von drei weiteren Teammitgliedern, etwa von Daniela Ryf. Das nacht dann 5/12 (13).

Die Frage an Sebastian Kienle kann man natürlich analog allen 12 weiteren oder anderen, ehemaligen Teammitgliedern stellen.

Ohne weiter auf den moralisch-ethischen Bereich oder die Motivation von Protagonisten oder Initiatoren des Teams einzugehen, ein Hinweis aus technischer Perspektive. Die Gründung von „Bahrain 13“ Endurance hat es geschafft einen in Google sehr negativ besetzten Suchausdruck in einen neuen Rahmen (Framing) zu setzen. Ein Google-SEO und PR-Meisterstück. Eine Diskussion zum Thema findet z. B. auf Facebook statt.
  1. ARD Sportschau: Triathlon made in Bahrain
  2. Bahrain Endurance Team, Bahrain 13 auf Wikipedia
  3. Facebook-Diskussion