Donnerstag, 1. August 2013

Warum die Sportförderung in Deutschland unsozial und antiquiert ist -Kommentar für mehr gesellschaftliche Verantwortung des Sports

Deutschland rennt bei den Schwimmweltmeisterschaften den Medaillen hinterher. Gut, möchte man meinen. Wer so schlecht schwimmt, wird schon nicht dopen. Doch worin liegen die Gründe?

Die Deutschen sind nach zwei verursachten Weltkriegen in vielen Bereichen ein Volk der Zauderer und Rundumversicherten geworden. Die Athleten sind nicht hungrig genug und Willens dem sportlichen Erfolg die potentesten Lebensjahre unterzuordnen, wie es der Wettbewerb erfolgreich vorführt.  Duales Ausbildungssystem, finanzielle Grundsicherung durch An-, und Freistellung für den Sport bei Polizei, Bundesgrenzschutz und Bundeswehr lässt auch Athleten mit international mittelprächtigen Leistungen dahindümpeln ohne durch das Raster der Förderung zu fallen. Sportliche Leistung hat zu 90% mit schwitzen, leiden, schlafen und essen zu tun.

Sicher ist der deutsche Spitzensport im globalen Kontext ein vergleichsweise soziales System. Es gibt wenig invalide, verarmte, depressive oder von Drogen abhängige Ehemalige. Mit den unsozialen und menschenverachtenden Fördersystemen anderer Länder hat der organisiert subventionierte Spitzensport zwischen Nordsee und Alpen wenig zu tun.  Allerdings ist dieses deutsche System nur mehr in Nischensportarten oder Disziplinen mit hohem technologischen Innovationsdruck konkurrenzfähig.

Ich als Sportkonsument und halbwegs fitter Hobbysportler kann gut damit leben. Der Deutsche Schwimm Verband leider nicht. Seine wirtschaftliche Existenz hängt von anachronistischen Förderprinzipien von DOSB und BMI ab. Dann erübrigt sich zumindest in Deutschland als Kollateraleffekt die unehrliche Diskussion rund um Doping und Antidoping. Reformen sind überfällig. Der "Kalte Krieg" liegt bekanntlich schon eine Weile zurück.

Die Gelder von 120-130 Millionen Euro jährlicher Sportförderung gehören in Schul-, Breiten- und Seniorensport, um die Gesellschaft auf die kommenden sozial unruhigen Zeiten vorzubereiten.

Die vielbeschworene Autonomie des Sports dient - auf globale Ebene skaliert - nur dazu ehemaligen, z. T. betrügerisch im sportlichen Wettkampf zu Ruhm und Ehre und Wohlstand gelangten Ex-Champions die Saläre weiter zu erhalten. Negative Beispiele solcher Karrieren gibt es auf globaler Ebene im Bereich der Dachverbände genug. Von solchen Personen ist keine Reform und Innovation zu erwarten - auch kein Willen gegen Doping konsequent vorzugehen.  

Der Hebel kann und wird nur über die zufließenden Gelder aus öffentlicher Hand und Privatwirtschaft wirksam sein. Dabei sein ist Alles - doch wie teuer darf es sein?

Update vom 03.08.2013: Welche Relevanz der Sachverhalt für Triathlon hat? am 2. August wurde bekannt, dass Anne Haug der illustren und zugleich internationalen Trainingsgruppe um den Australier Darren Smith nicht länger angehören wird. Haug hatte quasi im Alleingang ohne Unterstützung der Deutschen Triathlon Union einen Trainer gesucht, an den Schwächen gearbeitet und das Kunststück der Qualifikation für die Olympischen Spiele von London geschafft. Nicht nur das, die aktuell in der Weltrangliste Führende zeigte ein beeindruckendes Rennen am Hyde Park. Doch zukünftig wird Haug am Triathlon-Stützpunkt der DTU in Saarbrücken trainieren - Mitgliedschaft in der Sportfördergruppe inklusive. Wenn sie 2014 und 2015 weiterhin an bestehende Erfolge anknüpfen und die Leistung im Schwimmen steigern kann, hätte sie die richtige Entscheidung getroffen.