Mittwoch, 31. Dezember 2008

Recherche ohne Kommunikation, Kontaktlosigkeit der DTU-Präsidenten Müller-Ott, Düro und Wisser sorgt für Eklat.


Es ist eine verfahrene und vertrackte Situation in der sich die Deutsche Triathlon Union befindet. Ehrenpräsident Dr. med. Martin Engelhardt hatte just vor der Kandidatur des Olympiazweiten Stephan Vuckovic zur Wahl des BWTV-Präsidenten ein Schreiben an die DTU lanciert, das „Vucko“ des EPO-Dopings vor rund 7 Jahren im Rahmen der EM im tschechischen Carlsbad bezichtigt. Der Mitwisserschaft und Deckung beschuldigt werden in dem Schreiben auch Verbandsarzt Dr. Andreas Marka, der auch der Anti-Dopingkommission der DTU angehörte und der damalige Präsident und Ziehsohn Engehardts Dr. med. Klaus Müller-Ott.
Claudia Wisser ist primär mit dem Umbau der Satzungen und Ordnungen der Deutschen Triathlon Union (DTU) beschäftigt, um mehr Einfluß und finanzielle Mittel zur Eigenverwendung Verfügung zu haben. Photo: Michael Rauschendorfer
Eine lückenlose Aufklärung der Affaire, nein des Skandals erscheint angebracht und überlebensnöitg. Doch ohne die notwendigen medizinischen Gutachten und Akteneinsicht wird dieser Schritt schwerlich möglich sein.

Fehler in der Geschäftsstelle?
Dieses als vertraulich gekennzeichnete Schreiben wurde seitens der DTU- Geschäftsstelle an die Landesverbände verschickt und damit zwangsläufig einer breiten Öffentlichkeit preisgegeben.

Während Vuckovic auf Druck der damals noch amtierenden BWTV-Präsidentin Susanne Mortier seine Kandidatur auf das Spitzenamt zurückzog und mit der Rolle des sportlichen Leiters Vorlieb nehmen musste, suchte sich das Schreiben seinen Weg in die Presse. In der ersten Folge rasierte es die positiven Entwicklungen des Olympiasiegs von Jan Frodeno (Beijing 2008) und des in den letzten Jahren vorangetriebenen Anti-Doping-Kampfs des Spitzensportverbands mit den meisten Kontrollen aller deutschen Verbände ab.

Politische Motiviation?
Die Süddeutsche Zeitung brachte die Vorwürfe in Form eines Gedächtnisprotokolls an die Öffentlichkeit, vermied aber detailliert nach den Beweggründen der Lancierung zu fragen. Gemeinhin wird kolportiert, dass Engelhardt aus politischen Gründen die Wahl von Vuckovic verhindern wollte.

Vuckovic wäre stimmberechtigt für die wenig später folgende DTU-Wahl gewesen und sein mächtiger Verband galt dann nicht mehr als unbedingter Befürworter der mögichen und tatsächlichen neuen DTU-Präsidentin Claudia Wisser. 

Brot und Peitsche
Juristin Wisser, die nach und nach den Verband remodelliert und zunächst die Doppelsitze Geschäftsführer-Präsidentin abschaffte gilt nunmehr als geschäftsführende Präsidentin. Noch ist die Satzung nicht veröffentlicht, dennoch hält sie Brot und Peitsche gleichsam in der Hand.

Ehrenpräsident Engelhardt fühlte sich anscheinend vom Gewissen getrieben, um in der heißen Wahlkampfphase und in der Rolle des Wahlleiters aktiv in die Wahlen einzugreifen. So und nicht anders kann man die Handlungen auffassen, wenn man die Vorgänge in chronologischer Reihenfolge betrachtet. Unter dem Strich bleibt die Einflussnahme auf die Wahl, ein potentielles Desaster für den Triathlonsport und den Verband. 

Keine Handlungsmotivation
Der Osnabrücker Orthopäde verzichtete nach erster Kenntnis des Falls durch, wie er vorgibt, telefonische Information vom damaligen DTU-Präsident Klaus Müller-Ott auf Ausräumung der Vorwürfe und deckte, wie er zu Protokoll gab, zusammen mit dem DTU-Arzt Andreas Marka und dem Müller-Ott den angeblichen Skandal. Beide widersprechen indessen diesen Einlassungen heftig.

Auch einen olympischen Zyklus später, als sich der von der erlittenen Sepsis und Legionelleninfektion genesene Vuckovic um einen Startplatz bei den Spielen in Athen bewarb und denkbar knapp scheiterte, Schritt der im DOSB als Arzt aktive Funktionär Engelhardt nicht ein.

Spätestens zwei Jahre später, im Zuge der Spingstein-Affäre um den Mailverkehr zwischen Spingstein und dem spanischen Arzt Dr. Miguel Peraita hätte Engelhardt einschreiten müssen. Präsidentin Wisser hat sich zur Position Engelhardts auf Anfrage mit konkreten Fragestellungen von 3athlon.de noch nicht geäussert oder eindeutig Position bezogen. 

NADA macht Druck, Verjährung droht
Während die NADA auf Basis des Artikels der Süddeutschen Druck macht und auf nach 2006 neuerliche förmliche Untersuchung vor Verjährung im Juni 2009 drängt, zeigt sich die fatale Schwäche der DTU.

Kommunikationsstille
Es herrscht faktisch Kommunikationsstille zwischen den ehemaligen DTU-Präsidenten Müller-Ott, Düro und der amtierenden Amtsinhaberin Wisser.

Während sich der auf Gran Canaria weilende Düro, der als amtierender Präsident bei Bekanntwerden des Schreibens „sofort an dem Tag aktiv wurde“ und mit den damals in Carlsbad anwesenden Ärzten Marka und auch dem zuständigen Funktionär Dr. Michael Kraus (Vize-Präsident Leistungsport) sprach und diese allesamt den Sachverhalt dementierten, hielt es Wisser offenbar nicht für nötig nach Amtsantritt das brisante Schreiben, das letztlich als Steigbügel zum Amtsantritt gedient hatte nachzugehen und somit durch Aufklärung zu entschärfen.

Wisser reagiert, keine Aktion
Wisser, die in der Kritik steht keine Verantwortung zu übernehmen und stets nur zu reagieren will schon vor dem ITU-Kongress in Madrid den Sachverhalt telefonisch recherchiert haben. Also vor dem Veröffentlichungswochenende der Meldung, nachdem die zuständigen Redakteure ihre Telefonlisten abgeklappert hatten.

Doch erst durch öffentlichen Druck werden nun schriftliche Stellungnahmen eingefordert und Wisser als Mitglied der Anti-Doping-Kommission (AdK) muss aktiv werden. Ihr Vorgänger Düro behauptet hingegen, er habe seinerzeit diese Recherchen als Verantwortlicher und Vorsitzender der AdK eingeleitet. Eine Stellungnahme von Präsidentin Wisser steht diesbezüglich noch aus.

Welche Konsequenzen drohen?
Bereits Anfang November hat die DTU alle Obliegenheiten des Anti-Doping Beauftragten Marka in die Hände des Heidelberger Mediziners Herrn Professor Friedhelm Raue gelegt, Marka trat nach offensichlticher Aufforderung von Wisser offenbar nun von seinem Amt als medizinischer Sachverständiger der AdK zurück.

Vuckovic wird mit dem Makel der Dopingaffäre leben müssen, Engelhardt wird möglicherweise von den Parteien Marka, Müller-Ott und Vuckovic auf erheblichen Schadensersatz verklagt, sofern er keine gerichtlich zulässigen Beweismittel darlegen kann.

Die DTU hat den Olympiabonus verspielt, Ehrenpräsident Engelhardt sollte sein Amt nach Entdeckung seines Gewissens mit siebenjähriger Verspätung niederlegen, wie auch Mortier und Vuckovic im BWTV unter Entscheidungsdruck stehen. Mortier hat zwar die Präsidentschaft verhindert aber Vuckovic trotz der Anschuldigungen im Leistungssportamt toleriert und den anwesenden Vereinen nicht die nötige Aufklärung und Information zugestanden.

Rechtlich bleibt der Verdacht der Wahlbeeinflussung durch Ehrenpräsident und Wahlleiter Engelhardt im Raume. In der Folge besteht die Möglichkeit der juristischen Anfechtung der DTU-Wahl und damit der Rechtmässigkeit des aktuellen Präsidiums. 

Wisser sollte die Kommunikation mit den Alt-Präsidenten suchen und alle Karten in den für einen funktionierenden Verband relevanten Bereichen auf den Tisch legen lassen. Sie sollte sich auch fragen, ob sie nicht vor Erscheinen des Skandals hätte aktiv werden müssen, um eine glaubhaftere, weil aktivere Position im Kampf gegen das Doping zu vertreten. Die Kenntnis hatte sie eindeutig und zeitnah nach Übermittlung des Schreibens Mitte Oktober an die DTU.

Ebenso stellt sich die Frage, ob eine Einfachspitze in einem Verband unter solch hohen Erfolgsdruck mit den Titeln als Weltmeister, Olympiasieger, Ironman-Weltmeister in den letzten 3 Jahren das probate Mittel ist. Nicht alle Aufgaben können durch einen – noch nicht vorhandenen Mittelbau gelöst werden, insbesondere wenn die Verantwortlichen Personen Kraus und Rolf Ebeling die DTU verlassen oder bereits verlassen haben.

Ganz unabhängig bleibt einem als Betrachter ein mehr als fader Beigeschmack im Mund kleben und die entsprechenden Verbandsfunktionäre sollten die moralischen Grundsätze und grundsätzliche Glaubwürdigkeit ihrer Sportpolitik hinterfragen. Eine Revolution mit neuer Wahl muss es wohl nicht gleich sein, eine weitere Fehlzündung im stotternden Achtzylinder darf sich die neue Führung der DTU aber nicht mehr erlauben.

Samstag, 1. November 2008

Deutsche Triathlon Union vor der Wahl: 4, 3, 2, 1, meins - Kandidaten für das DTU-Präsidentenamt und ihr Präsidum.


An diesem Wochenende treffen sich in der Rhein-Main Metropole mindestens zwei der drei zur Disposition stehenden Kandidaten für ein Präsidentenamt und die Öffentlichkeit hätte es fast nicht gemerkt.
Sie gilt bei ihren Vorgängern Klaus Müller-Ott und Rainer Düro als eiskalte Königsmöderin, die selbst keine Verantwortung übernehmen möchte. Die Juristin Claudia Wisser könnte den Sprung aus dem Schatten endgültig an die Spitze schaffen. Photo: Thomas Zöller
Königsmacher und Sportdemokratie
Anwesend sind ebenfalls zahlreiche, wenngleich nicht alle Landespräsidenten, zusammen mit den vier oder fünf großen Verbänden die nicht nur das Zünglein an der Waage, sondern vielmehr die Zunge und Faust darstellen. Erstaunlich ist einmal mehr, dass wie bei der Wahl des Vorgängers Rainer Düro informelle Gespräche im illustren Kreis geführt werden, ohne demokratische Einbeziehung oder fundierte Öffentlichkeitsarbeit.

Per Fragenkatalog zur Präsidentschaft
Was man in der aktuell heißen Phase des schillernden us-amerikanischen Wahlkampfs täglich sieht bleibt bei der Deutschen Triathlon Union im Verborgenen. Kein Kandidat stellt sich öffentlich vor, obwohl schon lange in den innersten Zirkeln einige der Personen bekannt sind. Basisdemokratische Entscheidungen unter Einbeziehung von Konzepten, Visionen, Programmen und der vergleich von Persönlichkeiten finden nicht statt. Ein Fragenkatalog soll die Präsidentschaftswahl richten und versprüht ein wenig den Charme des berüchtigten Fragenportfolios zur Einbürgerung neuer deutscher Mitbüger. 

Es findet also keine öffentliche Ausschreibung, kein Wahlkampf, keine Positionierung und keine öffentliche Diskussion statt - ein Manko, dass in der aktuell umfassend überarbeiteten und zur Verabschiedung vorgesehenen Satzung durchaus Existenzberechtigung hätte. Legal und satzungskonform ist das Vorgehen der Landespräsidenten und der DTU sicherlich, birgt aber die üblichen Gefahren, dass der Stein nicht weit genug geworfen wurde, um die richtige Kandidatin oder den bestmöglichen Kandidaten zu treffen. 

Wer folgt auf Düro und Müller-Ott?
3athlon.de wirft trotzdem einen Blick auf die Kandidaten, bevor es am kommenden Wochenende zur Wahl kommt. Vielleicht auch mit nur noch einer Kandidatin oder einem Kandidaten, je nach Trend und erstem Votum der Landespräsidenten. 

Wer tritt also die Nachfolge an von Rainer Düro und Dr. med. Klaus Müller-Ott? Ott, der als persönliche Höhepunkte seiner Amtszeit die Weltmeisterschaft im eigenen Lande und in Daniel Unger einen Deutschen Weltmeister erleben konnte, entfernte sich im letzten Drittel seiner Amtszeit zusehends aus verschiedenen Gründen von Präsidium und den Landesverbänden. Düro, selbst als Interimspräsident angetreten hat viele Veränderungen eingeleitet, ist aber mit dem Makel des Mannes für die Übergangszeit früh im Netzwerk und Spinnennetz der verschiedenen Interessen von Geschäftsstelle, Geschäftsführer und den einzelnen Präsidiumsmitgliedern mit ganz eigenem Programm und Ambitionen gefangen worden. Er selbst erlebte den absoluten sportlichen Höhepunkt der DTU mit dem Olympiasieg von Jan Frodeno in Beijing.

Streng geheime Kommandosache DTU-Chefetage
Galten die Präsidenten als Geheimsache, so sind die anvisierten Präsidiumsmitglieder als „streng geheime Kommandosache“ anzusehen. Wenig Informationen drangen bisher nach Außen und mancher Kandidat möchte sein Kreuz Ass und seine Herzdame wohl erst am Wahlwochenende aus dem Hut zaubern. Nicht mehr aus dem Hut gezaubert werden müssen allerdings die zwei Kandidaten und die dritte Kandidatin (alphabetische Auflistung nach Vorname):

Carsten Bieler (Schleswig-Holstein)
hat als ehemaliger Landespräsident von Schleswig-Holstein Erfahrung im Ehrenamt und besitzt als Steuerprüfer im Finanzamt auch Buchhaltungskompetenzen, eine positive Eigenschaft des momentan noch chronisch an Geldmangel leidenden Spitzensportverbandes.

Nur zögerlich sind Informationen über die Kandidatur von Bieler an die „Öffentlichkeit“ gelangt. Vielleicht war sein Auftreten auch zu spät und nicht bestimmt genug, um sich gegen die anderen Kandidaten letztlich durchsetzen zu können. Wie Wisser und wohl auch Steinbach sieht er die dringende Verjüngung (von Teilen) des belasteten Alt-Präsidiums als wichtige Aufgabe an, möchte aber nicht vollständig auf das Know-How der Altkader verzichten. Er trägt, wie Mitbewerberin Wisser den Standort Frankfurt am Main mit, sieht aber wie Wisser und Kraus einen Wechsel in der Geschäftsstellenleitung als unabdingbar an.

Bieler baut u.A. neben DTU-Vizepräsident Gerd Lücker auf Know how des DTU-Präsisiumsmitglied Bernd Rollar, den Bundestagsabgeordneten und aktiven Triathleten Reinhold Hemker mit Funktion im Sportausschuss des Bundestags und den Sportwissenschaftler Dr. Jan-Peter Brückner.

Claudia Wisser (Niedersachsen)
hat die Satzung zur Vorlage und Abstimmung für das kommende Wochenende drastischen Änderungen unterzogen. So soll etwa das DTU-Präsidium eine Verkleinerung erfahren. 

Die Anwältin löst bei Müller-Ott und Düro ambivalente Gefühle aus und wird von beiden Präsidenten als Königsmörderin betrachtet. Sie war seinerzeit maßgeblich an der Aufdeckung der in einer Strafanzeige mündenden Unregelmäßigkeiten von Müller-Ott beteiligt und wird von Düro seit Sommer 2008 als Gegenspielerin für eine mögliche weitere Kandidatur gesehen, von der er schließlich selbst im Herbst entnervt abgesehen hatte. Allen Widerständen zweier Präsidenten zum Trotz hat die ehrgeizige Anwältin ihre Spielfiguren in Position gebracht, verneint aber noch immer Ambitionen auf das Amt.

Wisser möchte den lange überfälligen harten Schnitt im Präsidium aus der Ära Müller-Ott durchführen, besteht aber etwa in der Person des Hessen Gerd Lücker auf eine altgediente Kraft, obwohl er die Amtszeit von Müller-Ott mitzuverantworten hat. Wisser selbst scheute sich in der Vergangenheit aber stes wenn es etwas ruppiger zur Sache ging klar Position zu beziehen und Verantwortung zu übernehmen. Sie gilt als schwer in inhaltlichen Diskursen zu fassen und legt sich selten fest. Als Präsidentin muss sie diese Schwäche schnell ablegen oder zum situativen Instrument ausbauen.

Wisser baut u. A. neben Gerd Lücker auf den Juristen Dr. Eckert aus Hallbergmoos bei München zur weiteren Unterstützung und die ehemalige Leistungssportlerin und Betreiberin eines privaten Triathlonteams Ute Mückel, sowie Bernd Rennies (ehemaliger Präsident LV Bremen). Sie kann auf die Landespräsidenten Dieter Hofmann (NRW) und Peter Pfaff (Bayern) als Förderer und treue Vasallen bauen.

Dr. med Klaus Steinbach (Saarland)
(Update vom 5. November: Dr. med. Klaus Steinbach kandidiert nicht mehr) ist auf dem Papier sicherlich der international profilierteste Bewerber mit einer langen Vita und sportpolitischer Empfehlung (vgl. 3athlon.de vom 23. September 2008). Allerdings verknüpft er mit seiner Kandidatur den Umzug der Geschäftsstelle nach Saarbrücken, in die Nähe des Olympiastützpunktes der Triathleten.

Mit der durchaus nicht uncharmanten Idee verbunden wären möglicherweise personelle Einschnitte im Mittel- und Unterbau der Deutschen Triathlon Union, die ihre Geschäftsstelle derzeit In der Otto-Fleck Schneise in Frankfurt am Main unterhält und beim Verbleib am Standort wenige Meter weiter in die Räumlichkeiten des Deutschen Turnerbundes ziehen wird. Steinbach hat möglicherweise den Aufwand unterschätzt, den der „interne Wahlkampf“ und die wichtigen Gespräche mit den „Big 5“ benötigen und dadurch seine Position und Idee unnötig geschwächt. Die Vergangenheit hat zumindest gezeigt, dass eine der wichtigen Aufgaben der DTU-Spitze die Kontrolle der Geschäftsstelle beinhaltet, dazu ist eine gewisse räumliche Nähe wohl zwingend erforderlich. 

Dr. Michael Kraus (Nordrhein-Westfalen)
ist ehemaliger Leistungsschwimmer (Olympia-Bronze mit der 4x100-m-Lagenstaffel, 1975; Europameister über 200 m Schmetterling und 4x100 m Lagen, 1977) und zeichnet für die sportlichen Erfolge der Deutschen Triathlon Union mitverantwortlich. Kraus ist bereits unter den vorherigen Präsidenten Dr. med. Klaus Müller-Ott und Rainer Düro im Präsidium der DTU gewesen

Kraus baut u. A. auf Thomas Möller (IAT Leipzig) und die Alt-Präsidiumsmitglieder Bernd Rollar, Gerd Lücker und Peter Kernbach.

Dienstag, 14. Oktober 2008

Disqualifiziert: Du bist Draußen! (gleiche Bedingungen für alle)

Vor allem Rookies wie der Freiburger Andreas Böcherer fühlen sich durch die Race Marshalls beim Ironman Hawaii oftmals benachteiligt. Aber schauen wir uns die Sache einfach nüchtern und sachlich an. Der ehemalige Deutsche Meister im Crosstriathlon hat sich solide in den letzten Jahren entwickelt, aber in Frankfurt schon den Hang dazu entwickelt für den Rennentwicklung unattraktiv taktisch hinten in Radgruppen zu sitzen. So weit so fair, von vielen Profis so gehandhabt und nicht weiter zu verurteilen... Erst kurz vor Einfahrt in die T2 wagte der Freiburger Familienvater die Solofahrt in Frankfurt, nachdem sich seine Kontrahenten aufgerieben hatten. Taktisch gut, aber ohne Profil und das muss man sich als Rookie im Sport erarbeiten.

Konnte Böcherer in Frankfurt noch auf gütige Krampfrichter bauen, die ein Unterschreiten der 10 Meter-Abstandregel zunächst gerne mündlich abmahnten, sah es in Kona etwas anders aus. Informationen über das klare und knallharte Vorgehen sollten spätestens bei der Wettkampfbesprechung der Profis am Donnerstag angekommen sein. Auch ein Blick auf alte Ironman-DVDs oder NBC-Reportagen, die auch nicht vor Namen wie den des US-Amerikaners Tim DeBoom zurückschreckten sollte den Kona-Kurs klarmachen:
Lutschereien, auch nicht nur ein bisschen sind nicht gestattet. Auch die anderen Regeln sollte man verinnerlicht haben. Kampfrichterentscheidungen sind Tatsachenentscheidungen und Andreas Böcherer hat in diesem Fall berechtigte gelbe Karten erhalten und dann ohne Disqualifikation aufgegeben.

Eine Karte erhielt er nach Angaben aus seinem Umfeld wegen Littering (Umweltverschmutzung, da er seine Flasche nach der vorgesehenen, hunderte Meter langen „Dropzone“ abgeworfen hatte), dann zwei weitere wegen Draftings zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Die WTC-Offiziellen bestätigen allerdings drei Strafen wegen Draftings.

Böcherer gab schleißlich entnervt selbsttätig nach der 3. Verwarnung auf, weil er bei 3 Strafen im Nachgang disqualifiziert worden wäre. Er ist der einzige Profi im Rennen des Ironman 2008, der mehr als eine Penalty erhalten hat. Timo Bracht etwa hat nur eine Strafe erhalten, das Rennen auf dem Rad sauber beendet, dann aber die Penalty-Box nicht aufgesucht: Disqualifikation.

Die Strafen sind als gerecht und fair zu werten und man sollte nicht weiter darüber lamentieren und auf die ungerechten Kampfrichter schimpfen. Sie machen nur ihren Job, der Profi-Triathlet soll seinen Job machen.

Athleten wie Timo Bracht, haben ihre DQ anstandslos angenommen, obwohl er das wohl beste Kona-Rennen der letzten Jahre hinlegte und souverän in den Top 5 lag. Auch mit der Disqualifikation war die Medienwirksamkeit (schon im Vorfeld) durch seine guten Leistungen als bester Deutscher beim Heimrennen in Frankfurt garantiert. Dies ist der Unterschied zu Kona-Neulingen, die um Medienbeachtung kämpfen müssen, die ihre im Vorfeld gezeigten Leistungen auch vor einem Start honorieren. Dazu benötigt man 1-3 Starts mit Zielankunft in den Lavafeldern.

Selbst die Hannoveranerin Sandra Wallenhorst, mit Weltbestzeit der offiziellen Ironman-Eventserie angereist, stand nicht im Fokus der nationalen und internationalen Medien, obwohl sie klar zu den Kandidatinnen auf die Top 5 zuzurechnen war. NBC hat sich dann noch kurzfristig entschieden die Läuferin der Extraklasse mit in ihre Aufzeichungen vor dem Rennen aufzunehmen – ein weiser Schritt in Nachbetrachtung ihres starken ersten Auftritts auf Big Island hinter der 2008 nicht zu schlagenden Chrissie Wellington und der Niederländerin Yvonne Van Vlerken. Van Vlerken und Wallenhorst liegen in der Leistung dicht beieinander – spannende Rematchs der Kona-Treffens sind zukünftig fast garantiert.

Zurück zu den disqualifizierten Kona-Rookies: Newbies wie Böcherer kann man nur wärmstens ans Herz legen, nicht nur den Kurs zu studieren und sich in die richtige Startgruppe im Schwimmen zu stellen, abseits von Kanus mit den richtigen Anschwimmern oder inmitten von Frauen - sondern die Regeln auch als das zu nehmen was sie sind: Klare Gebote und Verbote. Es sind keine Empfehlungen, die halbherzig mit zugedrückten Augen umgesetzt werden. Schließlich ist das eine WM und kein Basar.

Die Härte dient allen Athleten gleichermaßen. Überlegungen und Unsicherheiten, was hinter einem als einsamen Reiter in den Lavafeldern passiert sind fast ausnahmslos egal. Die Sheriffs machen ihren Job und die Bedingungen sind weitgehend gleich. - ein ausdrückliches Ziel einer WM. Behrzigt man diese Regeln, dann klappt das auch mit dem Finish 2009 und mit etwas Arbeit und Talent auch dem Einzug in die Top 20, ohne Lamentiererei im Nachgang. Ich freue mich drauf…